DER AUTOR ZUM BUCH
Als ich den Spionage-Thriller ?Ein Fall von großer Redlichkeit? schrieb (der übrigens am Rowohlt-Stand auf der Leipziger Buchmesse sofort von einem Offiziellen mit dem Kommentar entfernt wurde: ?Eine solche Geschichte kann in der DDR nicht passieren!?), war für mich ein wichtiges Motiv des Schreibens die Faszination jener magisch wirkenden anderen Welt hinter der Mauer mit ihren verfallenden Straßenzügen, allabendlicher Finsternis und rauchgeschwängerter Luft, dem charakteristischen Geruch von Schwefel und anderen Abgasen. Anscheinend sind es für Autoren am Anfang oft Bilder, die den Schreibimpuls beflügeln ...
Thematisch war meine Absicht keine geringere, als noch ein wenig dichter die damaligen Realitäten eines Klimas von Unterdrückung, Bespitzelung und ideologischer Willkür zu schildern als es John le Carré in seinem grandiosen Agententhriller ?Der Spion der aus der Kälte kam? gelungen war.
In ?Ein Fall von großer Redlichkeit" sollten Agenten aus Sicherheitsgründen über kodierte Botschaften innerhalb des Buchbestands in der Deutschen Bücherei Leipzig miteinander kommunizieren. Allerdings hatte ich plötzlich ein Rechercheproblem: Es waren nirgends ausreichende Informationen zu finden, wie es eigentlich genau im Lesesaal der Bibliothek zuging ? der ja immerhin ein Hauptschauplatz werden sollte. Also reiste ich getarnt als Mitglied einer Reisegruppe des DGB in den Osten, stieg im Hotel Stadt Leipzig ab und wagte mich zwei Tage später ? wobei ich eine der organisierten Besichtigungen schwänzte ? in das ?Objekt meiner schriftstellerischen Begierde?. Doch der Pförtner identifizierte mich schon in der Vorhalle sofort als Westler! Nur mit Mühe gelang es mir, ihn zu überreden. Ich gab vor, Literaturwissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum zu sein, was wegen meines Studiums in gewissem Sinne sogar zutraf. Angeblich wünschte ich mir nichts sehnlicher, als einmal das große Gegenstück der Deutschen Bibliothek in Frankfurt kennenzulernen. Darauf erhielt ich ?ausnahmsweise? in strengem sächsischem Dialekt die Erlaubnis zu einer kurzen Besichtigung. Dass ich beabsichtigte mit meinem Spionagethriller ein heißes politisch Eisen anzupacken, nämlich die später als Schalck-Golodkowski-Geschäfte bekannt gewordenen Devisenmanipulationen der DDR aus wirtschaftlicher Not, verschwieg ich wohlweislich ...